Luitpold-Gymnasium München Leistungskurs Kunsterziehung |
Die Akademie der Maler
Grundzüge der Künstlerausbildung im Italien des 16./17. Jhs aufgezeigt an einem Stich von Pietro Francesco Alberti, vom Anfang des 17. Jhs "ACADEMIA D'PITORJ" von Uli Schuster |
Der Gedanke einer Lehranstalt für die Theorie der Malerei ist ein geistiges Kind der Renaissance. Die großen Künstler dieser Zeit vertraten die Idee, daß die Malerei eine Wissenschaft sei, die ihr Fundament in der Geometrie, also Mathematik habe, daß sie auf festen Regeln gegründet und lehrbar sei und eine solche Lehre die notwendige Grundlage für eine Ausbildung in der Kunst der Malerei darstelle. Von der Idee bis zu ihrer Verwirklichung hat es fast ein Jahrhundert gedauert. Der Kupferstich von Alberti, vom Anfang des 17. Jhs zeigt mehr das geistige Lehrgebäude einer derartigen Anstalt als eine reale Situation. Der Autor war selbst Schüler der Akademia di San Luca in Rom, die 1593 von Federigo Zuccari gegründet wurde. Die Belagerung und Eroberung von Konstantinopel durch die Osmanen vertrieb bis 1453 eine große Zahl griechischer Gelehrter ins 'Exil' nach Italien und führte dort zu einer Neubelebung der platonischen Philosophie. Geistliche und weltliche Führer holten sich an ihre Höfe Gelehrte als Lehrer für ihre Kinder, als Berater in politischen und Glaubensfragen, aber auch um ihren Ruhm und Ansehen zu mehren. Solche Gelehrtenzirkel gaben sich gern den Namen <Akademie>. Akademos hieß der Besitzer eines Landguts bei Athen, auf dem Platon sich mit seinen Schülern zu treffen pflegte. Am Eingang soll ein Schild mit folgender Inschrift gestanden haben:"Die Gottheit geometrisiert immer". Dieser Leitgedanke muß besonders die Maler der Renaissance begeistert haben. |
Der Lehrplan der Akademie |
Der
Stich zeigt einen großen Raum, in dem sich viele Personen jeweils
in Gruppen mit verschiedenen Gegenständen lehrend und lernend auseinandersetzen.
In einigen Gruppen haben ältere Männer, mit Bart und Hut gekennzeichnet,
jeweils jüngere Burschen um sich versammelt. Aus ihren Gesten, Haltungen
und Blicken spricht eine konzentrierte Kommunikation in Frage und Antwort,
die sich jeweils um eine Aufgabe zu drehen scheint. In der Bildmitte ist
es das Präparat eines menschlichen Skeletts, umstellt von drei
jungen Männern. Dem Vordersten kann man über die Schulter schauen,
wie er das Modell abzeichnet. Rechts hinten liegt auf einem Tisch eine
menschliche Gestalt mehr tot als lebend. Um den Tisch herum mehrere Knaben
und Männer, die an dem leblosen Körper hantieren oder sich diskutierend
mit dem Fall beschäftigen. Lehrgegenstand Anatomie. Vorne rechts
zwei Knaben, die auf einem Tisch offenbar Figuren modellieren. Hinter
dem Skelett, im Zentrum des Bildes eine Gruppe, die sich über eine
am Boden liegende Tafel beugt. Einer von ihnen macht gerade einen Zirkelschlag,
es scheint um Geometrie zu gehen. Links vorne im Bild suchen zwei
Knaben Rat bei einem älteren Mann. Auch hier geht es offensichtlich
um eine Zeichnung, zu der man vom Lehrer einen Rat, eine Korrektur
haben will.
An der Wand hängen drei Bilder. Auch sie stehen für das Lehrgebäude der Akademie, denn die "Istoria" = das Historienbild, das Portrait und die Landschaft repräsentieren die sich seit der Renaissance herausbildenden Gattungen der Malerei, für die hier schließlich ausgebildet wird. Aber nicht der technische Aspekt der Malerei interessiert hier - niemand malt!- sondern ihre wissenschaftlichen Grundlagen. |
Viele Künstler suchten den Anschluß an die humanistischen Kreise oder ergriffen selbst die Initiative zur Gründung solcher Akademien. Hier warteten auf herausragende Köpfe auch herausfordernde Aufgaben, bei denen sie sich gegenseitig eine Hilfe und Beratung sein konnten. So half in Mailand, am Hof des Lodovico Sforza der Mathematiker Luca Pacioli dem Künstler Leonardo da Vinci bei der Berechnung der Gewichtmenge Erz und der Statik für die Armierungen eines in Auftrag gegebenen monumentalen Reiterbildes aus Bronze. Umgekehrt fertigte Leonardo für Luca Paciolis mathematisches Lehrbuch Zeichnungen der sog platonischen Körper. Leonardo trug sich in Mailand mit der Idee einer Akademiegründung. Aus den Gelehrtenzirkeln wurden im Verlauf der Renaissance an manchen Orten feste Einrichtungen. Die akademischen Maler wurden von den Fürsten, Königen Päpsten berufen. Sie waren damit frei von Zunftzwang und Steuern und im Rang den Magistern der sog. 'Artes Liberales' gleichgestellt. Agostino Veneziano hat uns in einem Kupferstich von 1531 eine Vorstellung von solch einem Künstlerkreis hinterlassen, der sich in Rom und in Florenz um den Bildhauer Bandinelli zusammenfand, um bei Kerzenlicht nach antiken Originalen oder nach Gipsabgüssen zeichnerische Studien zu betreiben oder ästhetische Fragen zu diskutieren. |
Nikolaus Pevsner hat in seiner "Geschichte der Kunstakademien" eine ganze Anzahl solcher Darstellungen vorrätig. Auch in diesem Stich von Enea Vico geht es um Bandinellis Akademie, aber offenbar um seine 'Schule' in Florenz um 1550. Vico hat den Stich nach einer Zeichnung Bandinellis angefertigt und die Beschäftigung der Personen sowie die herumliegenden Objekte machen deutlich, daß hier ein umfassender Lehrplan dargestellt werden soll. Bandinelli, als Bildhauer ein Zeitgenosse und Konkurrent Michelangelos, ist einer der ersten Künstler gewesen, die den Gedanken der Akademie in abendlichen Zusammenkünften von Meistern und Schülern realisiert hat. |
Literatur
Nikolaus Pevsner, "Die Geschichte der Kunstakademien", Mäander München1986 Asemissen/Schweikhart, "Malerei als Thema der Malerei, Akademie Verlag 1994 |