Samuel-Heinicke-Schule
Staatlich anerkannte private Fachoberschule zur sonderpädagogischen Förderung
Förderschwerpunkt Hören der SchulCentrum Augustinum gemeinnützige GmbH München


Besuch in der Anatomie - München

„Schule des Sehens“

Wie seit Langem geplant, machten sich die Klassen 12S und 12G am 13. März 2007
im Rahmen des im Kunstunterricht stattfindenden Projekts „Schule des Sehens“ auf den Weg in das Anatomische Institut der Ludwigs- Maximilian- Universität in München. Es begleiteten uns Herr Riedlberger und Herr Dr. Schneller.
Das Projekt „Schule des Sehens“ war als zeichnerische Forschungs- und Entdeckungsarbeit an der menschlichen Anatomie zu verstehen.
Wie der Name schon vermuten lässt, ging es bei unserem Projekt nicht vorrangig darum, die Bestandteile und den Aufbau des menschlichen Körpers in vollendeter Perfektion maßstabsgetreu auf Papier zu reproduzieren, sondern vielmehr um ein skizzenhaftes „Einfangen“ der von den Schülern visuell wahrnehmbaren Eindrücke. An den ausgestellten Menschen- und Tierknochen, bzw. Skeletten sollten wir lernen,
unser Auge spezifisch auf Proportionen und Licht- und Schatten- Kontraste zu fokussieren und das Gesehene frei mit Bleistift auf Zeichenpapier umzusetzen.
„Schule des Sehens“ bestand im Wesentlichen aus drei Arbeitsaufträgen.
Als Erstes sollte ein ganzes menschliches Skelett von Schädelknochen bis Fuß
in einer Zeichnung erfasst werden. Wichtig hierbei war, an komplexen Stellen, wie zum Beispiel dem Becken oder dem Knochen des Schulterblattes die ihnen zu Grunde liegende „Konstruktion“ sichtbar zu machen, das heißt, dass der Zeichnende
aus seiner jeweils individuellen Perspektive die physiologisch- motorischen Zusammenhänge in seiner Skizze besonders herausstellen soll.
Später konzentrierten wir uns in einer zweiten Zeichnung auf einen charakteristischen Teil des menschlichen Skeletts. Auch hier sollte man wieder
das komplizierte Zusammenspiel der einzelnen Knochen und Körperwirkungen betonen.
In einer dritten und letzten Skizze stand es den Schülern frei, sich ein bestimmtes Teil, also beispielsweise auch ein inneres Organ unseres Körpers als zu skizzierenden Gegenstand auszusuchen. Dabei bestand die Möglichkeit, bei der Ausführung zwischen einer sachgetreuen Studie oder freier Umsetzung wählen. Bei Zweiterm waren die beiden Klassen angehalten, den Ausdruck des Vorgefundenen über seinen realistischen Ansatz hinaus zu steigern, was zum Beispiel bedeuten kann, das Objekt gegebenenfalls zu verfremden, oder neue kreative Elemente in die Zeichnung mit einzubringen.

Zeichnen in der Anatomie in München

Die „optimale“ Lösung dieser Aufgabenstellungen verlangt es natürlich, dass man sich einmal über einen längeren Zeitraum hinweg mit der menschlichen Anatomie und dem darunter liegendem Organsystem auseinandersetzt, denn die Veranschaulichung der Bestandteile und deren Funktionsweise in unserem Organismus stand im Mittelpunkt unseres Unterrichtsgangs in das Anatomische Institut. Das Anfertigen unserer Skizzen diente eigentlich nur dazu, die Beschaffenheit und den Aufbau diverser Körperteile nachvollziehen zu können.
Insbesondere für die Schüler der Klasse 12S war dies von entscheidender Wichtigkeit, da uns die genaue Untersuchung der Ausstellungsstücke sehr hilfreich
für die demnächst anstehenden (Fach) Referate in Biologie gewesen sind.
Ein von Herrn Dr. Schneller ins Leben gerufenes Lernprojekt mit dem Namen „Der menschliche Körper“ soll den Schülern der 12S nämlich anhand von durch die Schüler selbst erstellten Referaten den Halbjahresstoff nahe bringen. In diesem Zusammenhang hatte mit dem Besuch des Anatomischen Instituts jeder Schüler unserer Klasse die Möglichkeit, sein Wissen für seine Präsentation über das ihm zugeteilte Organ zu erweitern. Außerdem ermöglicht die Konfrontation mit einem lebensechten menschlichen Organ einen ganz neuen Umgang mit dem jeweiligen Thema, da es großen Unterschied macht, ob man als Schüler oder Student immer nur theoretisch aus Lehrbüchern und deren schematischen Abbildungen neue Informationen zu gewinnen versucht, oder aber zum Beispiel wirklich einmal einem echten Schädelknochen oder einem durch Y- Schnitt innerlich einsehbaren
Kind gegenübersteht.

Zeichnen in der Anatomie in München

Wie man weiß, gehen Menschen, die mit solchen Situationen konfrontiert werden, auf unterschiedlichste Art und Weise damit um. Während der eine vielleicht schockiert ist, oder gar angeekelt das Weite sucht, analysiert ein anderer fasziniert die präparierten Bahnen des Krummdarms oder den offenen Querschnitt einer menschlichen Hirnrinde. Emotionale Reaktionen wie Ekel und daraus folgende physische Zustände wie Übelkeit oder Schwindel stellen sich jedoch bei den meisten Menschen mit der Zeit durch den Gewöhnungseffekt ein und sie sind schließlich in der Lage das Wahrgenommene in einem rein wissenschaftlichen Kontext aufzunehmen, wodurch sie wesentlich zugänglicher für den für sie möglicherweise interessanten Gegenstand sind.

Auch habe ich in anderem Zusammenhang erlebt, dass Menschen, denen Dinge wie offen zur Schau gestellte Organe oder ein gesplitterter Schädelknochen „widerlich“ oder „pervers“ erscheinen, diesen Körperteilen, beziehungsweise den Personen von denen sie stammen dann oftmals ein völlig aus der Luft gegriffenes, selbstverständlich grauenvolles Todesschicksal andichten, um sich selbst in ihrer rein subjektiven Meinung zu bekräftigen, wie fürchterlich es doch sei, so etwas in aller Öffentlichkeit im Museum auszustellen. Ich selbst habe die Erfahrung gemacht, dass zu starke emotionale Wertungen des Gegenstands von Seiten des Betrachters teilweise den Blick auf interessante, naturwissenschaftliche Bezüge und Fakten versperren. Mit diesem Problem werden Wissenschaftler, Ärzte aber vor allem auch junge Medizinstudenten sowohl gegenwärtig, als auch in Zukunft zu kämpfen haben. Doch wer sich dem nicht öffnet, wird auf diese Weise nicht erfahren, welche Geheimnisse unser Organismus wirklich in sich birgt.

Text Michael Ramsbacher, 12S
Betreuung
Andreas Riedlberger (Gestaltung, Fotografie) und Dr. Gerhard Schneller (Technologie)

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