http://www.kgi.ruhr-uni-bochum.de/piranesi/m25/m25-2.htm
zeigt auf sehr schöne anschauliche Weise, wie Piranesi mit Architektur-Versatzstücken
umging.
http://userpage.fu-berlin.de/~aeimhof/mosaik.htm
sind religiöse Votivtafeln, reich bebildert und zeigt Maria
als Himmelskönigin, in formal ähnlichen und wiederkehrenden
Kompositionen und Anordnungen von Bildteilen auf Votivtafeln.
http://62.156.180.196/amtsdaten/alle/amt.nsf/pages/Dtk19.htm
ist sachlich am zutreffendsten, und beschreibt die oft ähnlichen
Bildzitate im Klassizismus und der Romantik.
http://membres.lycos.fr/manchicourt/Ruisdael.htm
die Seite über Ruisdael ist hier hilfreich, ebenso möchte
man sich bitte
http://www.kusem.de/lk/komp/kompset.htm
von Uli Schuster und alle Links dazu durchlesen; er analysiert
das Bild von Joseph Anton Kochs "Schmadribachfall" ganz trefflich.
http://www.theater-schauspiel-oper.de/schauspielgeschichte.htm
Aufsatz; zitiert Schauspiel, Oper und Theater, die sich der Versatzstücke
in der Dekoration der Bühne bedienen, wie z.B. Baum, Strauch usw.
("Wahrig"); im Barock und Rokoko wurde sich aus heutiger Sicht
mit seiner oft allegorischen Bildsprache unter dem Begriff des Gesamtkunstwerkes
der Versatzstücke bedient. Was unter einem bestimmten Blickwinkel
auf die niederländischen Landschafter als historische Gefälligkeitsdevotionalie
abgetan werden könnte, erzwang andererseits handwerkliche Meisterschaft,
um damit bestehen zu können.
Im weitesten Sinne
sind mit Versatzstücken bewegliche, verschieb- und austauschbare
Bestandteile der gesamten Komposition eines Bildes oder eines Gesamtkunstwerkes
gemeint.
Im Kunstunterricht
entsteht mit dem Problem der Aktualisierung die Frage, wie man eine
Aufgabenstellung in die Bildsprache von Schülern umsetzt. Ein bereits
fest stehender Umstand der historischen Geschichte soll oft nachvollzogen
werden, neu formuliert werden, sachlich kühl oder innerlich motivierend
bewegt werden, um überhaupt jetzt oder künftig als Gegenstand
der Erinnerung und Bearbeitung zur Verfügung zu stehen.
Bei unterschiedlichstem
Persönlichkeitsansatz von Schülern kann man sich je nach Anspruchsniveau
dem Arbeiten mit gruppierten Bildelementen nähern.
Das Leonardo-Thema
ist im bayerischen Hauptschullehrplan in Lz. 7.3 enthalten; Lebensbilder
der Renaissance, Werkbetrachtung: Inhalt, Form, Ausdruck und Herstellung;
das zeichnerisch-grafische Thema ist in Lz. 7.1 enthalten (7.1 Sehen,
Abbilden, Veranschaulichen: Zeigen durch Zeichnen), das hier bearbeitete
Problem der Versatzstücke wird indirekt genannt durch die Lehrplanformulierung,
eine comic-artige Bildererzählung durch erklärendes Zeichnen
machen zu können (ein Comic hat immer wiederkehrende gleichartige
Figuren, die aber in eine differenzierte Handlung eingebunden sind).
Die 7. Jahrgangsstufe
nimmt sehr viel Rücksicht auf den individellen Entwicklungsstand
der Schüler. Als Lehrer habe ich mich für Leonardo da Vinci
entschieden, er war der größte Erfinder bis zur Zeit der
industriellen Revolution; er fügt sich Fach übergreifend in
den Geschichtsunterricht, und er hat vermeintlich anschauliche Zeichnungen
hinterlassen.
Das zeichnerische Thema könnte man mit Blumenkohl, Rotkohl, Blaukraut,
Zwiebeln, Orangen oder Clementinen wegen der reichhaltigen grafischen
Strukturen gestalten, ich habe mich für Knoblauch entschieden (solange
man die Zehe nicht aus der Knolle herausschält, ist die Geruchsbelästigung
gerade noch tragbar, und die entstehenden Formen sind so anschaulich
vielfältig, dass die grafischen Vorteile die Geruchsbelästigung
aufwiegen).
Aktiv benutzte Literatur:
Kunst und wir 7, Riedl-Schmitt-Tschakert, Wolf Verlag, ISBN 3-523-26882-6,
sowie
Ein Genie für alle Fälle, Heinz Kähne Prestel, ISBN 3-7913-2199-4.
Persönlich
kann ich die 23 Bände der "Prestel jr"- Reihe nur empfehlen,
sie sind kindgemäß geschrieben.
Das aktualisierende
Leitthema hat also geheißen: "Leonardo erfindet eine Knoblauchpresse"
Das Bild muss
deshalb vier Bestandteile enthalten:
Die Werkstatt;
Den Erfinder;
Das bearbeitete Objekt,
und das Mittel zur Verarbeitung
Die Werkstatt
kann dargestellt werden durch einen Raum mit technischen Gerätschaften,
einen Tisch, einer Schmiede, vielleicht einem Natursteinmauerwerk
und ähnlichem; der Erfinder kann unterschiedlich dargestellt
werden; mit eine Schürze, einem langen faltigen Gewand, einem
differenzierten Gesicht; die Knoblauchzehen stehen als unmittelbar
anschauliches und hantierbares Objekt zur Verfügung...
...und das Bearbeitungsobjekt
ist das eigentlich Neue, was der Schüler zu erfinden hat.
Zum Speichern
von Bildern und Schablonen:
Internet Explorer: rechter Mausklick auf die Abbildung - "Ziel
speichern unter.." wählen.
Netscape: rechter Mausklick auf die Abbildung - "Verknüpfung
speichern unter..." wählen.
Opera: rechter Mausklick auf die Abbildung - "Link speichern
unter..." wählen.
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versat_1.jpg
stellt eine Vorstufe zum Leonardo-Thema dar: Sachzeichnen einer
Knoblauch-Zehe.
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versat_2.jpg
ist eine weitere Schilderung der Bestandteile einer Knoblauch-Zehe.
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Der
Comic-Baukasten besteht aus zeichnerischen Versatzstücken,
die Beispiele entstammen dem Schuljahr 2001/2002: |
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Comic_12.jpg |
Comic_11.jpg
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und die Elemente
ermöglichen fantasievollstes Figuren-Erfinden.
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versat_3.jpg
ist die nahezu beste erzielte zeichnerische Schilderung, der Schüler
zeichnet also die Einzelelemente einer Knoblauchzehe, schneidet
sie aus und legt dann diese Bestandteile neu zur Leonardo-Figur
und der Erfinderwerkstastt hinzu. Indirekt benutzt er somit die
Bestandteile als Versatzstücke. |
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versat_5.jpg
ist schon korrekter gezeichnet, der zeichnerische Schwerpunkt
liegt hier auf der Erfinderwerkstatt.
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versat_6.jpg
stellt das nahezu beste erzielte Ergebnis dar.
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versat_4.jpg
stellt schon die genau ausgeschnittenen und zerlegten Versatzstücke
des Themas dar.
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Ein
fototechnischer Hinweis: die Teile sind ausgelegt auf kurzfaserigem
dunkelgrünem Teppichfußboden; nahezu alles störende
Licht des Blitzes wird geschluckt.
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Die
fertigen Unterrichtsergebnisse:
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versat_7.jpg:
zusammengestellt, aufgeklebt und nachgezeichnet, Konturen erhöht
mit Fineliner und nochmals heraus gehoben mit lavierender rötlicher
Tusche, klarstes Ergebnis.
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Versat_8.jpg:
bestes Unterrichtsergebnis, leider hat die Schülerin einen
wasserlöslichen Filzschreiber verwendet- in der optisch auflösenden
Wirkung liegt aber auch ein besonders bildnerischer Reiz.
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In
der Parallelklasse entstanden ähnliche Arbeiten:
Versat_9.jpg:
beste und anschaulichste Einzelzeichnung,
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Versat10.jpg:
einzelne Bildteile nebeneinander gestellt, den Schwerpunkt legte
der Schüler auf die Zerkleinerungsmaschine |
Versat11.jpg
scheint mehr das Zerkochen der Knoblauchzehen darzustellen
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Versat12.jpg
fällt durch die dichte Überschneidung ohne einen Verlust
an bildnerischem Verständnis auf, die Umsetzung ist künstlerisch
anspruchsvoller |
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Versaz13.jpg
fällt durch keine Überschneidung auf, der Schüler
scheint das Thema
wegen der kleinen Teile sukzessive abzuarbeiten |
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Versat14.jpg
hat ebenfalls nur eine geringe Überschneidung, es wirkt aber
leicht lesbar. |
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Versat15.jpg
fällt durch den ungewollten Effekt des Bedeutungsmaßstabes
auf, der Schüler hat die Comicfigur in der Größe
unverzerrt gezeichnet, sie wirkt zu klein. |
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Versat16.jpg
zeigt die Zusammenstellung verschiedener Methoden den Knoblauch
zu zerkleinern, Leonardo kommt unerwartet als moderner Wissenschaftler
zur Geltung, der Schüler benutzte beide technischen Pressen
als bildnerische Versatzstücke, um das Blatt zu füllen. |
Versat17.jpg
stellt ein hübsches Ergebnis dar.
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Versat18.jpg
wirkt durch die verwaschene Tusche recht anspruchsvoll.
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Versat19.jpg
löst aber durch den verwaschenen Eindruck wieder die ablesbare
Sachschilderung künstlerisch auf.
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Ein
Beispiel aus einem anderen gehaltenen Unterricht
Versat20.jpg stellt eine abstrakte
kompositorische Übung dar, die Hell-Dunkel-Verdichtungen dienen
der Sensibilisierung des visuellen Empfindens; die sehr abstrakten
Stillleben sind nicht ohne unterrichtliche Vorübungen machbar.
Wer von den Kollegen mag, begreift diese Vorübung auch als Hinführung
zu Kandinsky, zu Klee oder anderen Abstrakten.
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Versat2a.jpg
ist eine methodische Zwischenübung, um einen Fehler im räumlichen
Denken zu veranschaulichen. Aus Erfahrung heraus beobachtet, neigen
unsere Schüler an sich nur zu geringer Überschneidung;
es bedürfte zu viel Zeit, Überschneidungen einzuüben.
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Versat2b.jpg
ist eine methodische Zwischenübung eines anderen Schülers,
der fast fehlerfrei umsetzte. |
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Versat21.jpg
diese Arbeit wäre nicht ohne Vorübung machbar, die Probleme
der Verdichtungen, Überschneidungen und Streuungen sind sehr
harmonisch gelöst |
Versat22.jpg
stellt eine additive bildnerische Aufzählung von mehr oder
minder überschnittenen Einzelformen dar.
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Nachgedanken
Es sind vermutlich
unterschiedlichste Persönlichkeiten, die in unserem Segment
mit unterschiedlichsten Begabungen und Teilleistungsreifungen heran
wachsen. Die SchülerInnen neigen dazu, schnell abzuarbeiten,
und trennen Verwirrendes ebenso schnell ab. Erzwungenermaßen
wird der zuerst gesagte Satz als Erstem abgearbeitet und simultane
Strukturen werden zugunsten des Ersten schnell überflüssig
zu Gunsten Sukzessivem: die Schilderung bleibt letztlich additiv.
Im Gesamtbild muss für den Schüler einzeln Erarbeitetes
vermeintlich auch bildnerisch erhalten bleiben: mit dem Ergebnis
geringer Formüberschneidungen.
Ich versuche
dem einesteils mit einer vergröbernden und schlichten Gedankenführung
zu begegnen, andernteils erzwingt eine solche Fantasie bündelnde
Themenformulierung auch eine anschauliche Vereinfachung, um einer
weiteren Entwicklung Raum zugeben.
Der Schüler
ermüdet bei Neuem zu schnell und gerne, er würde nur schwerlich
mit mehreren Bildern seinen Leonardo in mehrere verschiedene Situationen
bringen und so entstünde ein zu anspruchsvolles Thema; Bilder
und Zeichnungen in dieser Altersstufe sind gleichsam Entwicklungsprojekte
und mit nur einer Leonardo-Figur hat er vermeintlich das Thema abgearbeitet
- es täuscht: Leonardo begleitet den Kreativen ein Leben lang.
Der Witz bedient
sich ebenfalls des Stilmittels von nahezu beliebig austauschbaren
Versatzstücken, allerdings mit Sprachbildern und Worten mit
Bereich übergreifendem Inhalt (etliche vermeintlich einfache
Schlüsselwörter haben semantisch sehr vielgestaltige Ausformungen
und Bedeutungen, die der Witz wieder neu kombiniert).
Hollywood bedient
sich mit bildnerischen und szenischen Zitaten der Versatzstücke
und Comics bringen versatzstückartig ihre Titelhelden immer
neu kombiniert mit Szenen und Handlungen zu Papier, auch die Reduktion
der Figuren auf nur wenige grundlegende Motivationen weist den Stimmungen,
subjektiven Tönungen und Färbungen den Charakter von Versatzstücken
zu. Betrachtet man geprägte und ausgeformte Gesichter als feststehende
Träger einer Rolle oder einer Gefühlsgruppe, so ergibt
sich eine Kompositionsmöglichkeit.
Diese hat ein Roman- oder Drehbuchautor nicht, die Charaktere scheinen
in ihrer äußeren Gestalt noch frei zu sein und verlangen
vom Leser Fantasie, wird hingegen die literarische Vorlage zum Film
im visuellen Welt"geschmack" umgestaltet und ausgeformt,
verliert die Fantasie ganz eindeutig.
Versucht hingegen ein Regisseur, einem literarischen Stoff eine
real existierende Person zuzuordnen, muss er versuchen, den Gesichtern
eine klare Deutbarkeit zuzuordnen oder realen Gesichtern eine Rolle
zuzuordnen.
Die beliebt gewordene Sitcom weist Helden und Handlungen immer wieder
ihre Rolle als Versatzstück zu, sie kombiniert schnellen kommerziell
gehandelten Sprachwitz mit beschränkten äußeren
Räumlichkeiten; die Verwendung eines Trailers und Sub-Trailers
deutet nur noch den Situationsrahmen an.
Reinhard
von Tümpling, 2003