Leer-Raum
von Reinhard von Tümpling
Dies ist ein Raum-Zugang ganz anderer Art. Wieviel Raum braucht der Mensch, um ihn als lebenswert anzunehmen? Anders gefragt: was steht ihm wann und wie in welcher Qualität zu, was wird ihm zugemessen? Was nimmt er sich? Ich fahre oft in die Stadt hinein und komme im Gewerbegebiet an vielen einzelnen Häusern vorbei, in denen vielleicht auch gewohnt wird, aber die doch eher dem gewerblichen Bereich zugehören. Ich stelle zur deutlichen Klärung und hier als Kontrast des städtebaulichen Problems dieses Video voran. Man beachte bitte im letzteren Teil dieses Klostervideos die Größe der gezeigten Nonnenzelle und ich stelle fest, dass sie zwar wunderbar bemalt war, aber auch zum Leben sehr klein für das heutige Raumverständnis zu sein schien. Ein Kloster aus der Gründungszeit der Stadt im christlichen Sinne und sein baulicher psychophysischer Einfluss auf den Menschen soll nicht Gegenstand dieses Beitrags sein. Es kann möglich sein, dass sich dasselbe Problem auch in der Darbietung wiederholt, wenn man es in den moderneren Zusammenhang stellt. Die Reklamewirtschaft auch des Lifestyles unterstellt immer genug angemessenen Freiraum, um ein Produkt zu platzieren, wie als wenn es als Zubehör selbstverständlich wäre und bestimmt so den Raumbedarf, fordert ihn gleichsam ein. Als dankbar erwies sich:
Diesen Beitrag kam über den Berufsserver, ihn las ich und vereinfachte die angeschnittenen Fragestellungen, ohne die Aussagen im Kern zu verändern. Der Kollege und Verfasser möchte es mir nachsehen. Im Anschluss hierzu erlaube ich mir, unter Youtube ein Museums-Bauernhofprojekt zu schildern, das als Kontrast den Lebens- und Arbeitsfortschritt der Landwirtschaft zeigt, auch im Hinblick auf die zunehmende komplexere Mechanisierung. Man kann das im Kontrast begreifen und sieht plötzlich die Raum-Enge, z. B. in der Küche oder beim winterlichen Arbeiten. Alle sichtbaren Teile sind aber als Museumsdorf sehr frei stehend angeordnet und eine große weite Wiese zwischen den Ereignisstationen dieses Erlebnisdorfes ermöglichen entzerrt ein lustvolles und frohes Entdecken und es muss Spass machen, dort an der offenen Wiese einen staunenden Tag zu verbringen. |
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Zum Speichern von Bildern und Schablonen: |
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Eine Vorausschau Die folgenden Bilder sollen einen kompletten beobachteten städtebaulichen Rückbau schildern, um z.B. neuen Freiraum zu gewinnen oder neues Licht in einen bewohnten Bereich zu lassen oder weil Mieter fortgezogen sind.
Es kann sein, dass manche Menschen im Abriss ein ästhetisches Element sehen, also etwas „eine Form gestaltendes“, man gewinnt Außen-Raum und neue Sichtachsen. Diese Bilder bewahrte ich ohne sonstigen Zusammenhang auf. Aber: was wird auf dieser freien Fläche neu entstehen? Muss hier überhaupt etwas neu entstehen, und wenn ja, was? Was damals bei der Neugestaltung eines ganzen Viertels für eine hinzu gezogene Arbeitsbevölkerung städtebaulich Sinn machte, wurde nun zum flächigen und räumlichen Ballast, aber auch zur sozialpolitischen Chance. Der gekürzte Text:
>>>In einem weiteren Zusmmenhang nenne ich noch das Atmosphärische eines Raumes, die Aura in und um ihm, die Gestimmtheit; ein ganz wesentlicher Aspekt, will mir scheinen.
Das Buch schildert ganz zart uud einfühlend eine menschliche Lebens- uud Arbeitssituation in einem relativen Zeitfenster, wie sie nicht schöner sein könnte. In der Folge schildere ich ein Bau-Ereignis, nämlich den Abriss eines Freizeitheimes mit hohen festlichen Fenstern im nördlichen Teil des im Kriege zerstörten Werftengrundstückes, das danach renoviert und wieder aufgebaut worden ist. Der ganze nordwestliche Teil des Grundstückes, der dem Wasser- und dem Gewerbebereich zugerechnet werden kann, ist bereits mit mehr oder minder großzügigen Gewerbe-Baueinheiten besiedelt. Die große Werftenhalle wurde zum stark benutzten überdachten Parkplatz für ein gutes Einkaufzentrum des etwas gehobeneren Bedarfs umgebaut. Zwei weitere nach Nordwesten gebaute tiefreichende Hallen sind saniert und dienen als gepflegte Montagewerke; die dritte Halle dazu fand aber sonst keine interessierten Betreiber und sie ist dem Verfall preis gegeben, obwohl sie baugeschichtlich ein geschlossenes Dreier-Ensemble mit den anderen beiden Hallen ergibt. Der Bereich, der dem direkten Ufer- und Wasserbereich zugehört, wurde bereits mit einem modernen Wohnungskomplex bebaut, fünfgeschossig mit besonderer Flachdachwohnung. Die gesamten unteren Wohnungs- und Fassadenflächen sind noch klein genug, dass sie noch nicht als gestaffelt oder gegliedert oder besonders gestaltet auffallen. Von näherem betrachtet ergeben sich aber Balkone, die ins Innere des Baukörpers gleichsam hinein geschnitten sind. Die geschickt an- und eingebauten Fenster- und Balkonnischen werden bestimmt von außen her als heiter gestaltet aufgefasst. Wer von hier nach Nord-Westen sieht, hat als Sichtgrenze die alte dritte Werkhalle und etwas entfernt davon, einen dunklen Bunker. Der Abriss
Gleichwohl bleibt trotz nun schon an der bestehenden Tankstelle ein restliches unbebautes freies Grundstück genau auf der Ecke, es ist leer, es fällt als Teil der Sichtachsen fast nicht auf, unbebaut ist es, etwas abgesenkt im Flächenniveau und ein neues Bauschild auf dieser teuren unbenutzten freien Fläche steht noch nicht. Muss man damit etwas machen? Denkbar wäre eventuell eine seitliche schmale Halle, nicht sonderlich hoch, um nicht die Sichtachse nach Nordosten zu behindern. Man sieht diese freie Fläche nicht richtig. Die geschichtlich schöne Fassade –eine Art von Industriebarock, und die Stirnseite der Hallen gleich daneben bleibt zuerst gut sichtbar. Ich habe mir die Geduld genommen, noch einmal das fragliche Grundstück aus einer anderen Sicht zu fotografieren:
Würde das Grundstück bebaut, weil es ein teures und gut gelegenes Gewerbegrundstück ist, wäre der Denkmalsaspekt der Hallengiebelfrontseite etwas verdeckt und es blieben nurmehr spitze Giebel. Von der Hauptstraßenseite her wäre vielleicht ein bescheidenes zweigeschossiges Gebäude denkbar, mit Abstand zur Straße, um die Hauptsichtachse nicht zu behindern. Dahinter wäre vielleicht ein dreigeschossiges Gebäudeteil möglich, auf etwas abgesetzterem Niveau und zuletzt dahinter hangabwärts eine längslaufende Fabrikations- oder Lagerhalle. So wären die schönen ziegelgelbfarbenen Giebelfronten der beiden Halle vorne an der Hauptstraße als weithin sichtbare Achse erhalten. Die vorderen zwei Industriehallen sind von der dritten durch eine Durchfahrtsstraße getrennt.
Diese dritte Halle scheint schon sehr vernachässigt zu sein; man würde aber viel freie Fläche gewinnen, wenn man die alte Halle abreissen würde. Es entstünde ein neues freies Grundstück. Aber wie darauf etwas gestalten? Die ganze weitere Sichtfreiheit würde alles neu erzwingen. Hinter der dritten Industriehalle und unterhalb und schon dem Wasser zugewandt steht der Bunker.
Ob man diesen Bunker jemals abreissen würde? Kaum. Im Gegenteil, auch dieses Zeitdenkmal wird vorerst wohl erhalten bleiben. Andere Städte müssen sich auch ihrer schmerzlichen Kriegsfolgen erinnern und die Werft war ja zu Nazizeiten kriegswichtig und von ihr ging selbst Tod und Verderben aus. Könnte man den Bunker verschönern oder gar umwidmen, obwohl er ein Kriesgdenkmal ist und zugleich im Inneren eine poppige und trashige Kultur anbietet? Einmal den politischen Denkmalsgedanken beiseite lassen? Bemalen? Mit Efeu überranken lassen? Blumenkästen mit Scheinarchitektur aufmalen? Fröhliche offene Frühlingsfenster als Ansicht? Verzinkte Außen-Treppen? Wippen, Schaukeln? Netze? Ein bewohntes und verspieltes „Hundertwasserhaus“ an den seitlichen Flanken? Wie in einer Terrasse gestaffelt angelegte Pflanzkübel oder Pflanztröge in Bauchhöhe installieren? Mit kleinen Wegen? Denkbar wäre auch eine Art Bauplastik aus frei kombinierbaren Gerüstteilen. Das Innere deckt sehr wohl den Kulturbedarf von etlichen Stadt-Einwohnern.
Ich hatte mit einer Tasse Tee mein stillesVergnügen und nahm das Atmosphärische geduldig auf.
In Wien scheint man sich dem Schicksal des fortdauernden Kriegsdenkmals ergeben zu haben. Hier ist sehr sorgfältig Buch worden über das furchtbare Grauen geführt, wie wenig die errichtete Luftabwehr von den Bunkern aus erreichen konnte und wieviel und wie genau im Gegensatz die alliierten Bomben. Die U-Boot-Bunker des Westwalles am Atlantik z.B. kommen zu neuem ästhetischem Glanz bei aller bedeuteten Hässlichkeit, wenn sie bei entsprechendem Licht gut fotografiert werden. Würde man die Fotos verkaufen können, weil diese Sichtachsen Urlaubs-Raritäten zu sein scheinen, dann zu dem Preis, den gerechter Weise ein Abriss kosten würde. Bei der gegenwärtigen Inflation der Bilder ergäbe sich bestimmt kein Gewinn, aber setzt man den Denkmalswert in die Rechnung ein, schon. Als selbstvergessene nacktbrutale traurige Touristenziele eignen sich aber die Bunker allemal. Die Videos zeigen ganz deutlich, dass sie als Reste der Kriegstouristenkultur längst integriert worden sind. Die Hamburger haben aber anscheinend eine teure aber noch bezahlbare Methode gefunden, einen Bunker in der bewohnten Umgebung von innen heraus und in kleinen Portionen zu sprengen, aufzubrechen und abtragen zu können (Hamburger Abendblatt, 9.3.2013, Seite 9). Für 600.000 Euros wird das in Hamburg gemacht. Den denkmalspflegerichen Gedanken hingegen zitiert dieser Artikel nicht. Gewonnen wäre mit dieser Methode hier eine neue Fläche, die mit weiteren ebendenselben neuen Häusern als angeschlossenes Ensemble weiter bebaut werden könnte. Kann der Bunker sich durch die heiteren Wohnhäuser definieren, auch gerade durch seine jetzt schroff kontrastierende Lage? Und gar diese sich durch den Bunker, was ist bestimmender? Nein, er ist nach wie vor auch als Denkmal ein Fremdkörper, egal, ob man wegschaut oder ihn einmal besucht. Ich habe mich nochmals an die Arbeit gemacht, um einfache Tischvorlagen zu zeichnen. Vielleicht gelingt es, das Städtebau-Problem Bunker einmal aus anderer und geschichtlich freier Ansicht heraus zu behandeln.
Man kann diese Blätter auf Papierrollen aufkleben und flache Architektur- oder Umfeld-Fantasien dazu gestalten... Stufen von Grau schraffieren lassen, -malen lassen, ihn mit farbigem Kletter- und Netzwerk versehen, mit freien Baugerüsten umgeben... mir ist selbst nicht wohl bei diesen Gestaltübungen... wenn man diese möglichen Geld-, Sach- und Arbeitsleistungen in Beziehung setzen muss zur Sozialhilfe einer Stadt.... Ein anderes Mal bewegte mich das Thema „Bunker“, als ich davon erfuhr und es noch einmal neu betrachtete:
Nur ein sarkastischer Kultur-Emigrant wie Kaminer kann so etwas Idyllisches wie diese paar hundert Quadratmeter städtisches Grün mit Worten beschreiben, was die Entkoppelung zwischen Kapitalrendite, menschlichen Gefühlen, Lifestyle, computergenerierten Lebensphasen und Stadtteildenken hervorbringt. Von der Eisenbahn her sieht jeder diesen hässlichen Bau; und selbst mit Navi und google maps übersieht man in dem parkartigen Straßendreieck die kleine schmale Häuserlücke, die den Zugang zum Bunker frei macht.
Ortsanwohner oder Fußgänger gerade mal 200 Meter weiter wissen hier von nichts, nur vom zweiten kulturell längst integrierten größeren Bunker. Der kleinere Bunker an der Eisenbahn kann ruhig vergessen werden, abgerissen und eingeebnet. Es fällt nicht auf, es würde nicht auffallen, wenn er fehlte. Zuletzt war ich der Sache überdrüssig.
Das also war auch ein Raster, das über solchen Bauten liegt. Eine helle farbenfrohe Blumenecke hier wäre sehr schön. |
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Reinhard von Tümpling, Ostern 2013 |