Hammershoi

von Reinhard von Tümpling

 


Bild: ham_Ältbruder_1868.jpg
: dies Bild zeigt ihn als älteren von zwei Geschwistern

 

Meine treue Freundin ERS stellte mir diesen Künstler zur Nachbearbeitung und Sinndeutung vor und gab mir dieses Thema auf, denn ich bat sie um eine weiter leitende Tendenz. Der übersandte Shortcut dazu war für mich vom Standpunkt der formalen Kunstkritik her sicher mit einer feuilletonistische Eleganz geschrieben, die seinem kalten Raum entspricht und die mich aber als schwer zurückschrecken liess. Ich deutete seine Bilder, die ich unter Wikipedia und youtube ansehen konnte, nicht nur als raumbestimmende und atmosphärische Sachschilderung, sondern auch als Ausdruck des sachlich und kalt gewordenen Abstands, der die Dinge des Innenlebens so sein lässt und den Betrachter eher auffordert, etwas zu tun, sie zu beleben, um mit ihnen etwas zu machen und in Besitz zu nehmen. Stets fordern die Bilder aber auch zu Geduld auf, um dem Gefühl Zeit zu lassen, nachzukommen.

 

Es wird gesagt, dass Vilhelm Hammershois Vorfahren aus dieser Gegend stammen.

Hammershoi ist ein Zeitgenosse und Künstlerkollege von Carl Vilhelm Holsoe, der in der dänischen Wikipedia aufgestellt ist. Holsoe ist erheblich weicher im Pinselstrich, aber auch barocker.

Ilstedt, der sich durch Arbeiten in Mezzotinto auszeichnete, und Hammershoi galten zu ihrer Zeit als die führenden Künstler Dänemarks.

Ebenso wie Jan Vermeer wurden insgeamt die Arbeiten von Hammershoi, Holsoe und Ilstedt weit über den dänischen Raum hinaus bis England und in die USA hinein bekannt.


 

Die Themenbereiche der stillen Innenansichten sind vergleichbar.


 

ich habe diesen kalten und sachlichen Link sehr unzufrieden und nur als reflektiven Aspekt eingefügt und merkte, dass ich nicht der Sache gerecht geworden wäre. Ich war aber auch lange Zeit versucht, einen halb wissenschaftlichen Artikel eines Buches gekürzt und dennoch sinngleich abzuschreiben und ließ es dann wieder, weil dann wieder die menschliche und künstlerische Dimension von Hammershois Werk angegriffen und anders betrachtbar wäre. Die Menschen lebten in Dänemark zu Hammershois Zeit sicher anders, aber der Vergleich zur Gegenwart ist möglich.

 


Bild: ham_Cristiansborg_1761.jpg
:

 

Wenn man unter Bilder-Google-groß sucht, kommen seine Bilder sehr gut zum Vorschein. Es sind aber nur die, die man stellvertretend zur Veröffentlichung frei gab.

 


Bild: ham_Ansicht_Christiansborg_1892.jpg
:

 


 

Um die Stimmung und Ruhe ansatzweise in der Stilform des europaweit bestimmernden Symbolismus und in der erstarrenden symbolisierenden Sehweise zu erleben, muss man morgens noch vor der ersten Dämmerung ans Fenster treten, sich die Schatten der Dinge draußen beiseite denken, Nähe und Ferne neu abschätzen und vorsichtig dem Gefühl des Raumes mit den ersten Vögeln lauschen. Der Zeitungsjunge war da. Straßenlaternen erahnen sich anders, das Morgenlicht kommt unmerklich über den Kamm der Berge gekrochen oder bildet die Umrisse der Stadt mit ihren Dächern ahnungsvoll ab. Wer einen gesunden tiefen Schlaf hat und nicht von fremden Tageseindrücken verstört ist und vom Wecker in den hellen Tag hinein wach wird, kann es nur schwer nachfühlen.


Bild: ham_morgens_2010.jpg
:

Wenn aber jemand wie Hammershoi morgens ans Fenster tritt und jedesmal Schloss Christiansborg auf der andere Seite des Kanals sieht, muss er sich zwangsläufig damit auseinander setzen, was diese Gebäudegruppen im milden Morgenlicht und Nebeldunst dem Betrachter abverlangen.

 

Vilhelms verwendete Farben sind Braun, Grau bis Weiss, Blau, und ein sehr vorsichtig verwendetes Schwarz. Sehr wenig Gelb verwendet er, nur um diskreteste Glanzlicher zu setzen

 

Hilfreich ist auch die Kenntnis von


 

Die Berliner Zeitung schreibt im Juni 2003

Werkschau des Symbolisten Vilhelm Hammershøi in der Hamburger Kunsthalle

Nikolaus Bernau

Durch geöffnete Türen sieht man in Zimmer, in denen geöffnete Türen weitere Zimmer vermuten lassen. Kein Mensch läuft herum, die gescheuerten Dielen sind leer, die Wände einfach gestrichen, schimmern leicht im Abendlicht, der weiße Lack auf dem Rahmenholz strahlt dagegen geradezu. Ruhe, Einsamkeit, Melancholie - mit solchen Gemälden wurde der dänische Maler Vilhelm Hammershøi um die vorletzte Jahrhundertwende berühmt im ganzen westlichen Europa und in den USA.

Seelensuche

Mehr noch als die Psychogramme des Norwegers Edvard Munch oder die dramatischen Beschwörungen nationaler Identität des Finnen Akseli Gallen-Kallela galt Hammershøis Werk seinen deutschen, englischen, französischen und amerikanischen Zeitgenossen als Ausdruck jener Seelensuche, für die seit Kirkegaards und Strindbergs Schriften der Norden stand. In Dänemark hingegen wurden seine Bilder einer intim häuslichen, wohl gestalteten Lebensumwelt zum Symbol für eine moderne und doch traditionsverhaftete bürgerliche Kultur. Hammershøi beschwor mit neuen malerischen Mitteln die Welt des Biedermeier.

 

„Die Zeit online“ schreibt

Gedeckte Farben, wenige Elemente, das Rückenmotiv: Das nebenstehende Interieur ist typisch für Hammershøi (*15. Mai 1864, †13. Februar 1916). Er malte es in seiner Wohnung an der Strandgade 30 im Kopenhagener Stadtteil Christianshavn. Dort lebte er mit seiner Ida zwischen 1898 und 1909 und fertigte die meisten der Innenansichten an, für die er heute berühmt ist. Im vorliegenden Bildband schreibt Felix Krämer: "Bevor das Paar die Wohnung im ersten Obergeschoss bezog, ließ es die im 18. Jahrhundert eingebauten Täfelungen und Zierleisten sowie die Türen einheitlich weiß, die zuvor farbigen Wände und Decken grau streichen." In solche Farben tauchte Hammershøi schon die Landschaften, die er an der Freien Kunstschule malte. Sein Lehrer Peder Severin Krøyer sagte über ihn: "Ich habe einen Schüler, der höchst eigenwillig malt. Ich verstehe ihn nicht, doch ich glaube, er wird einmal ein bedeutender Maler, und ich versuche nicht, ihn zu beeinflussen."


 

Vilhelm Hammershøi

»Hammershøi ist nicht von denen, über die man rasch sprechen muss. Sein Werk ist lang und langsam und in welchem Augenblick man es auch erfassen mag, es wird immer voll Anlass sein, vom Wichtigsten und Wesentlichen in der Kunst zu sprechen.«
Rainer Maria Rilke


 

Ich kopiere hier einen Text der Hamburger Kunsthalle zur Biografie von Vilhelm Hammershoi ein und veränderte ihn etwas; Verfasser ist Felix Krämer.

Biographie Vilhelm Hammershøi

  • 1864
    Hammershøi wird am 15. Mai als zweiter Sohn einer bürgerlichen Kaufmanns-familie in Kopenhagen geboren.
  • 1872-1878
    Er erhält ab seinem achten Lebensjahr privaten Zeichenunterricht.
  • 1879
    Beginnt im Oktober sein Studium an der Kopenhagener Kunstakademie.
  • 1883
    Besucht parallel zur Akademie Kurse an De frie Studieskoler (Die Freien Studienschulen). Vorbild für die Schulen sind die Pariser Ateliers des französischen Salonmalers Léon Bonnat, wo zahlreiche skandinavische Künstler ausgebildet wurden. Hammershøi malt seine ersten Gemälde: Landschaften und Portraits.
  • 1885
    Nach Abschluss seines Studiums gibt er in der Charlottenborger Frühjahrsausstellung der Kunstakademie sein Debüt mit Portrait eines jungen Mädchens. Weil er dafür nicht den erhofften Neuhaus-Preis erhält, protestieren einige Künstler öffentlich.
  • Besucht Berlin und Dresden mit dem Akademiefreund und Maler Rasmus Christiansen.
  • 1889
    Besucht im Juni/Juli die Pariser Weltausstellung, da er dort mit vier Werken in der dänischen Abteilung vertreten ist.
  • 1890
    Auch sein Gemälde Schlafzimmer wird von der Ausstellung der Kunstakademie abgelehnt, worauf der Künstler Johan Rohde Den Frie Udstilling (Die Freie Ausstellung) organisiert, in der auch Hammershøis Werke präsentiert sind.


Bild: ham_bedroom_1890.jpg
:


Bild: ham_Sonnenstrahlen_1890.jpg
:


Bild: ham_readingWindow_1890.jpg
:

 

Im Juni Verlobung mit Ida Ilsted (1869-1949).

 

Einer der wichtigsten französischen Kunstkritiker und Sammler, Théodore Duret, besucht Kopenhagen und zeigt sich begeistert über Vilhelm Hammershøis Arbeiten.

  • 1891
    Am 5. September heiraten Hammershøi und die recht temperamentvolle Ida in Kopenhagen. Am selben Tag noch beginnen sie ihre Flitterwochen mit einer Reise nach Paris über Holland und Belgien.

 

Hammershøi besucht Duret, der ihn an den Kunsthändler Durand-Ruel empfiehlt. Durand-Ruel läßt das Portrait von Ida Ilsted – nachdem es neben sechs weiteren Bildern in der Münchner Jahresausstellung gezeigt wurde – nach Paris kommen und stellt es in seiner Galerie aus.


Bild: ham_doubleportrait.jpg
:


Bild: ham_Ehefrau.jpg
:

  • 1893
    Hammershøi erhält ein Reisestipendium über 600 Kronen von der Akademie und reist mit Ida von September bis Dezember nach Italien. Sie reisen über München, Verona, Venedig, Bologna nach Florenz mit Ausflügen nach Fiesole und Siena. Der Heimweg führt sie über Padua, Verona, München und vielleicht auch Berlin. Im Winter malt Hammershøi Artemis.
  • 1897
    Umzug in das neu gebaute huset in boulevarden, Kopenhagen. Im August besucht der Direktor der Hamburger Kunsthalle, Alfred Lichtwark, Kopenhagen und interessiert sich für Hammershøi. Sergej Diaghilev, Gründer des Ballets Russes, besucht ebenfalls im August Kopenhagen, um eine Ausstellung skandinavischer Kunst in St. Petersburg vorzubereiten. Er kauft zwei Gemälde in Kopenhagen, um eine Ausstellung skandinavischer Kunst in St. Petersburg vorzubereiten.
    Von Oktober bis Mai 1898 reist Hammershøi mit seiner Frau nach London.
  • 1898
    Hammershøi versucht vergeblich James McNeill Whistler zu treffen, der sich zu dieser Zeit in Frankreich aufhält.

Heimkehr nach Kopenhagen im Mai. Dort am 15. September Umzug in eine Wohnung in der ersten Etage der Strandgade 30 im Stadtteil Christianshavn.


Bild: ham_Strsgrdn_1899.jpg
:

Die Wohnung gewinnt eine große Bedeutung für Hammershøis Werk: Die meisten seiner Interieurdarstellungen entstehen dort.

  • 1900
    Erste Einzelausstellung in der Kopenhagener Kunstforeningen. Emil Nolde, der damals ebenfalls in Kopenhagen lebt, besucht Hammershøi. Teilnahme an der Weltausstellung in Paris mit zehn Gemälden und einer Zeichnung und an der Großen Berliner Kunst-Ausstellung, in der 15 seiner Gemälde gezeigt werden.
  • 1902
    Das Gemälde Fünf Portraits wird in Den frie Udstilling gezeigt und ist heftig umstritten. Vom Oktober bis Februar 1903 Reise nach Rom. Teilnahme an der Nordischen Kunstausstellung im Kaiser-Wilhelm-Museum in Krefeld.
  • 1903


Bild: Hammerhoi__1903.jpg
:

Rückreise über Neapel mit Besuchen in Paestum und Salerno. Fünf Portraits werden auf der Biennale in Venedig ausgestellt.

  • 1904
    Das Portrait Ida Ilstedt wird auf der Internationalen Kunstausstellung im Städtischen Kunstpalast Düsseldorf neben einer Landschaft Hammershøis ausgestellt.


Bild: ham_Interior_1904.jpg
:

 

Nach einem Besuch dieser Ausstellung beginnt sich Rilke für das Werk von Hammershøi zu interessieren. Er fährt deshalb nach Kopenhagen, um dort Anfang Dezember den Maler zu treffen, über den er einen Essay schreiben will. Ein Vorhaben, das Rilke nicht verwirklicht.

Fünf Portraits wird in der Neunten Kunstausstellung der Berliner Secession gezeigt.

  • 1905
    Hammershøi erhält am 5. September Besuch von dem Berliner Kunsthändler Paul Cassirer, der sowohl von Hammershøi direkt, als auch über die Kopenhagener Kunsthändler Winkel & Magnussen mehrere Bilder kauft. Winkel & Magnussen veröffentlichen ein Album mit Reproduktionen nach zehn Gemälden Hammershøis. Einzelausstellung in der Galerie Eduard Schulte in Berlin, die wegen ihres Erfolgs im Anschluss auch in der Kölner Niederlassung der Galerie gezeigt wird. Als Stiftung von Sir Alfred Beit, London, erwirbt die Berliner Nationalgalerie von Schulte das Interieur Sonnige Stube. Hammershøi besucht von November bis Januar 1906 London, wo er zwei Ansichten des Britischen Museums malt.


Bild: ham_SonnigeStube_1905.jpg
:

  • 1906
    Rückkehr aus London und Einzelausstellung in der Galerie Paul Cassirer in Hamburg am Jungfernstieg. Der Kunsthändler erwirbt für sich privat Hammershøis Gemälde Der Hof. Teilnahme an der II. Ausstellung von Paul Cassirer in Berlin mit drei Gemälden.


Bild: Ham_frontthebritishMuseum_1906.jpg
:

  • 1907
    Ab 29. September Besuch in Italien; der Hinweg führt das Ehepaar über Berlin, München und Verona nach Florenz. Einzelausstellung in der Van Wisselingh Gallery und Teilnahme an der Guildhall Exhibition in London.
  • 1908
    In der Galerie Eduard Schulte in Berlin werden Hammershøis Werke zusammen mit Arbeiten deutscher und französischer Künstler gezeigt.
  • 1909
    Weil der Hausbesitzer wechselt, muss das Ehepaar aus der Strandgade 30 ausziehen. Umzug in die Kvæsthusgade 6. Der Maler wird zum Mitglied der Generalversammlung der Akademie ernannt. Teilnahme an der X. Internationalen Kunstausstellung im Glaspalast in München.
  • 1910
    Umzug ins Mittelgebäude der Bredgade 25. Hammershøi wird Ratsmitglied der Kunstakademie.
  • 1911
    Hammershøi wird in Rom bei der Esposizione Internazionale di Roma – Mostra di belle arti der erste Preis verliehen; er zeigt dort 13 Gemälde.
  • 1912
    Einladung der Uffizien in Florenz, ein Bild für deren Sammlung von Selbstportraits zu malen. Besuche in London im Juni und dann später von November bis Januar 1913. Werke von Hammershøi werden auf der Scandinavian exhibition in New York, Buffalo, Toledo, Chicago und Boston gezeigt.
  • 1913
    Nach der Rückkehr aus London zieht Hammershøi in den ersten Stock der Asiatischen Handelsgesellschaft in der Strandgade 25. Er hatte das Haus bereits mehrere Male zuvor gemalt - es liegt schräg gegenüber seiner alten Wohnung in Strandgade 30. Während eines Besuchs in London im April mietet Hammershøi eine Wohnung in der Guilford Street.
  • 1914
    Die Mutter, Frederikke Hammershøi, stirbt am 11. Juni im Alter von 76 Jahren. Hammershøi selbst erkrankt an Rachenkrebs.
  • Bild: ham_die_vier_Zimmer_1914.jpg:
  • 1915
    Sein Gesundheitszustand verschlechtert sich. Er malt nur noch ein Bild, nämlich ein letztes Interieur, das Ida bei der Handarbeit zeigt.
  • 1916
    Am 13. Februar stirbt Hammershøi im Kopenhagener Stadtkrankenhaus. Fünf Tage später findet die Trauerfeier in der Frederiksberg-Kirche statt, begraben wird er in Vastre Kirkegård. Gedenkausstellung in der Kopenhagener Kunstvereinigung von April bis Mai.

 


 


 

Das mir zugängliche Werk von Hammershoi ist nicht leicht zu bewerten und ich kann nur schwer damit umgehen. Sein Abbilde-Schwerpunkt liegt sicher auf den Innenansichten der bewohnten und benutzten Zimmer und der Beobachtung des wandernden Tageslichtes, das durch die großen Sprossenfenster fällt und stilles Leben anzeigt. Einen ganz erheblichen Eindruck hinterlassen aber seine Zimmerfluchten, die weit mehr als nur eine perspektivische Ansicht darstellen, sondern bestimmende Alltagsblicke zwingend jeden Tag wiederholen.

Das ganze Leben einer Familie wird in diesen konzentrierten Zimmeransichten eingefroren und verdichtet abgebildet.

Ich suchte nach der Rolle der Frauen in dieser Familie.

Die Mutter wird als direktes Gesicht ausgeblendet, dafür die junge Schwester heiter und erwartungsfroh aufscheinend, fast etwas lieblich wie bei Renoir und dennoch ernst.

Vilhelm schildert seine Frau mit einem direkten hellen Portrait, aber im Gegensatz zu einer dunklen auch im Bild befindliche Rückenansicht, die wohl wahrscheinlich seine Mutter darstellt. Es zeigt ein stilles, geduldiges und junges Gesicht, das die Augen etwas gesenkt hält. Stolz schimmert der Ehering als kleiner Lichtpunkt und das Gesicht ist noch unverstellt und ungezeichnet.

Das Bildnis von 1899 mit der Kaffeetasse und dem runden Tisch scheint dazu zu nachgeglättet und maskenhaft.


Bild: ham_Familie_Bruder.jpg
: hier sieht Ida recht offen aus.

Aber alle anderen Ansichten zeigen die schlanke Ida nur von hinten, weniger im Halbprofil, immer mit hoch gebundenem Haar, immer mit einer leichten ausgleichenden Verkrümmung der Wirbelsäule und etwas in der Hand haltend und eine leichte sparsame Bewegung andeutend, das Kleid hoch geschlossen und den Nacken frei. Dieser freie Nacken fällt auf, er ist der belebende Mittelpunkt des Bildes und jedesmal ist man versucht, zu Ida etwas zu sagen, damit ein Schimmer von Leben in sie hinein kommt und sie sich erschreckt verrät.


 

Ich habe versucht, Hammershois Ansichten auch als die Beschäftigung mit der Perspektive zu deuten, denn viele seiner Bilder sind in die Ebene geklappt und zwingen den Blick zurück an die ebenflächige Wand. Auch das riesige Jugendstil-Sofa bekommt fast den Ausdruck eines Kleinmöbels, weil Vilhelm seinen Betrachter- und Augenpunkt mit der Staffelei auf Sitzhöhe bringt und so fast auf raumbestimmende Tiefenlinien verzichten kann.

Den stehenden Betrachter-Augenpunkt bietet Vilhelm nur an, wenn ein kleines Möbelstück nicht sehr raumgreifend an den Rand gerückt die einzuschätzende Größe von Wänden bestimmt. Aber auch Carl Holsøe bietet diese ruhigen Innen- und Durchsichten mit Interior und sitzender Dame.

Holsøe bietet aber auch eine Dame, die Treppe hinab steigend und Hammershoi Treppenhausansichten in die Tiefe hinein; beide Künstler beschäftigten sich sehr wohl mit der Bewegung und einer geschraubten Drehansicht den Raum hinab.

 


Bild: Ham_pers_Dürer.jpg
: ich habe diese Grafik „Hieronymus im Gehäus“ entnommen aus: Kunst und Wir 8, Wolf, ISBN: 3-523-26892-3. Die Orginal-Abbildung kennt wahrschenlich jeder und ich stelle einen Kontrast auf zu Hammershoi.

Dürer schafft eine tiefer gestaffelte Zimmerflucht mit einem gleichsam in S-Form zu durchwandernden Zimmer und im Gegensatz klappt Hammerhoi in die Fläche zurück.

 

 

Zum Speichern von Bildern und Schablonen:
Internet Explorer: rechter Mausklick auf die Abbildung - "Ziel speichern unter.." wählen.
Netscape: rechter Mausklick auf die Abbildung - "Verknüpfung speichern unter..." wählen.

Opera: rechter Mausklick auf die Abbildung - "Link speichern unter..." wählen.

 

Um diesen Gegensatz deutlich ausgeprägt zu schildern, habe ich eine Lichtstudie von Vilhelm als durchzuarbeitendes Bespiel genommen und schildere diese Veränderungen stufenweise mit meinen grafischen Mitteln des Arbeitsblattes oder der Kopier- bzw. Tischvorlage.


Bild: ham_1.jpg
: große Vorlage, bzw. Nachzeichnung des Bildes von Hammershoi

Bild: ham_2.jpg
: Weiterbearbeitung: Wandel von Zimmerhöhe und Fußboden

Bild: ham_3.jpg
: Unterschiede jeweils ......halb und ganz geöffnetes Fenster bis hin zum Flur mit der geöffneten Tür

Bild: ham_4.jpg
: Unterschiede; einmal geöffnetes Fenster und einmal geöffnete Tür mit Flur, Querformat......

Bild: ham_5.jpg
: Großformat mit offenem Fenster und offenem Flur
 

Diese Blätter bieten eine Grundlage für viele mögliche Licht- und Schattenstudien.

 

Reinhard von Tümpling, im Mai 2010