Bleistift-Zeichnen "Federmäppchen“

von Reinhard von Tümpling

Ich habe den geschilderten Unterricht in einer Regelklasse der 9. Jgst. im Schuljahr 2004 ­ 2005 gehalten und für die abgebildeten Arbeiten liegen die Erlaubnisscheine der Erziehungsberechtigten real vor.

Der Unterricht erstreckte sich über 4 Doppelstunden; ich vermittelte den Bleistift in Ansätzen, die Hell-Dunkel-Betonung, Linien und Striche, das Verreiben als grafische Elemente.

Wichtig war mir, zeichnerisch möglichst lange an der realistischen Sachschilderung zu bleiben, weil ich davon ausgehen konnte, dass der Schüler durch den längeren Umgang mit dem Bleistift ohnehin zu einer künstlerischen Ausage kommt. Erst nach dem formalen Aufbau des Bildes und seiner dargestellten Gegenstände und ihrer Gruppierung habe ich die Schüler zum grafischen Ausdruck angehalten, Tiefe und Plastizität verlangt, zur Schattierung ermuntert...

 

 

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Die Vor-Struktur:
Ich konnte von stofflichen Erfahrungen u.a. auch in einer Lehrprobe ausgehen und habe das Thema der um Genauigkeit bemühten Sachschilderung schon einmal 2001 in abgewandelter Form und als reines grafisches Thema ausprobiert.


Bild: Feder_m15.jpg: (im Schuljahr 2000).

Bild: Feder_5.jpg

Bild: Feder_8.jpg

Danach habe ich mir im Baumarkt einen Werkzeugsatz gekauft. Ich habe im Verlauf des vorherigen Unterrichts der letzten Stunde einige Schüler nach einem interessanten Federmäppchen gefragt, bin herumgegangen und habe mir in etwa die vorhandenen Mäppchen angesehen (und ein sehr schön geordnetes gelobt).
Zu Beginn der Stunde die Schüler im Kreis gehen und zusammenkommen lassen, das lose drapierte Werkzeug gezeigt, den Inhalt meines „Federmäppchens“ hinzu sortiert, aus verschiedenen Ansichten fotografiert, neu sortiert und gruppiert, die Spitzerdose als optischen Fleck mit hinzugenommen.


Bild: Feder_m19.jpg: als flächige Draufsicht im Querformat


Bild: feder_m20.jpg: im Hochformat, als zusätzliche Auswahl


Bild: feder_m21.jpg: im Hochformat, als zusätzliche Auswahl

 


Bild: Feder_m22.jpg: im Hochformat, mit der Spitzdose als Schwerpunkt, als zusätzliche Auswahl

 

 


Bild: feder_m24.jpg das quergelegte aufgeklappte Mäppchen, zum Austeilen als Schülervorlageblatt, als ausgewählte Schülervorlage


Bild: Feder_m6.jpg das hochkant gelegte aufgeklappte Mäppchen, zum Austeilen als Schülervorlageblatt

 

Das Tafelbild:


Bild: Feder_m10.jpg:
ich habe diese Tafelzeichnung sehr schnell während
des Austeilens der Tischvorlageblätter gemacht
und danach die beiden Blätter mit Tesa hinzugeklebt.

Ich habe danach einige kleine Skizzen zur Sachfindung und zur gedanklichen Verdichtung machen lassen:


Bild: Feder_m8.jpg:

Bild: Feder_m9.jpg

 

Die Ergebnisse:


Bild: Feder_m12.jpg: ein wunderbar weich und zart schattiertes Blatt einer Schülerin


Bild: Feder_m11.jpg: eine sehr klare und realistische Schilderung mit allen unterrichtlich vermittelten Feinheiten, kompakt und lose gestreut

 


Bild: Feder_m13.jpg: zwei voll erfüllte Arbeiten

 


Bild: Feder_m14.jpg: lobenswert


Bild: Feder_m16.jpg: etwas strenger in der vermittelten Odnung

 


Bild: Feder_m17.jpg: hier beginnen die beschreibenden Umrisse hervorzutreten

Bild: Feder_m18.jpg: mit starker Kontur, es fällt am oberen Bespiel der etwas gewollt wirkene harte Schatten der Gegenstände auf, am unteren Bespiel die recht lose Streuung...

Das Thema ist geschildert im Folienordner des Wolf-Verlages.

Lehrplanzuordnung:

Das Thema kann bildnerisch zugeordnet werden unter:
9.1 Neue Darstellungsformen erproben: Vom Abbild zur Abstraktion
Ausgehend von einer möglichst genauen Wiedergabe des Sichtbaren werden im Zeichnen und Malen nun Stufen des bildnerischen Abstrahierens erprobt. Übungen im zusammenfassenden Sehen und Darstellen führen die Schüler zu einer schrittweisen Reduzierung und Vereinfachung in Form und Farbe. In exemplarischen Werkbetrachtungen, welche die praktische Arbeit begleiten, sollen die Schüler entsprechende Stilmittel und Verfahrensweisen der modernen Kunst kennen lernen.

Gestalten:

Zeichnen / Malen von Pflanzen und Gegenständen
Entwickeln einer Bildreihe in Schritten von der wirklichkeitsgetreuen Abbildung über zunehmend reduzierte Darstellungen zu abstrakten Zeichen (z. B. Bildsymbole, Piktogramme), freies Komponieren mit Farbklängen und abstrakten Formen, auch nach Anregungen durch die Werkbetrachtungen

Oder das BY Gym KU Lz 9.1.1 beschreibt:

Gestalten des Sichtbaren: Abbild und Variation (ca. 10 Std)
Bildnerische Praxis
Ausgehend von den bisher verwendeten Verfahren der wirklichkeitsgetreuen Abbildung wenden sich die Schüler nun ausdrucks- und mitteilungsorientierten Darstellungsweisen zu. Im Abwandeln und Verändern gegenständlicher Motive und im Spiel mit Bedeutungen sollen sie neue Möglichkeiten erproben, ihre persönliche Sicht der Wirklichkeit bildnerisch zu veranschaulichen (> W, MB). gegenständliche Motive, die Variationsreihen in verschiedenen Techniken und Darstellungsrichtungen begünstigen Darstellen z.B. von Verwandlungsbildern, Metamorphosen, Überzeichnungen,Übermalungen, Verzerrungen, Verfremdungen

Techniken:
Zeichnen und Malen: ggf. auch Collagieren, Formen, Drucken, Mischtechniken Experimentieren mit verschiedenen Gestaltungsmitteln im Hinblick auf das Gestaltungsvorhaben
bildnerische Aspekte:
verschiedene Darstellungsmittel und ihre Wirkung im Bild: Blickpunkt, Motivanordnung, Bildausschnitt, Größe, Beleuchtung, Technik


Nachbemerkungen:

Das Thema gehört zur bildnerischen Gruppe des Stilllebens.
Ich bin davon ausgegangen, dass der Schüler mit dem realen Gegenstand ein Problem mit dem Umsetzen von sichtbaren und haptischen Gegenstand zum abstrakten Bild hat. Die Arbeit Feder_m11 bleibt hier sehr klar an der Vorlage, die Arbeit Feder_m12 interpretiert am gefühlvollsten.

Über das additive oder überschneidende Zusamenstellen von Gegenständen habe ich bereits in
http://www.kunstlinks.de/material/vtuempling/versatz/ gearbeitet.
Die Stillleben sind sehr gut dokumentiert in einer Ausstellung der Hypo-Stiftung München:
http://www.hypo-kunsthalle.de/newweb/stillewelt.html, 35 Euro...und schildert in den dargestellten Beispielen die Geschichte der Überschneidung.

Am souveränsten ging der Grafiker Escher damit um:
http://ccins.camosun.bc.ca/~jbritton/escher/reptiles.jpg: es wird wunderschön der Übergang von der Fläche zur stofflichen Wirklichkeit gezeigt
http://www.cs.ucc.ie/~dongen/mpost/reptiles.html
downgegradet, reduziert zum geometrischen Spiel
http://www.mcescher.com/

Die Realisten sind eigentlich einen Irrweg gegangen und konnten es aber nicht wissen.


Bild: Guntermann.jpg

Reinhard von Tümpling, April 2005