Eine Annäherung an Salvador Dali
von Reinhard von Tümpling
Diesen
bebilderten Unterricht habe ich in der 9. Jahrgangsstufe im Schuljahr
2004 - 2005 gehalten. Der Einstieg
Bei der Durchsicht
meiner laminierten Bildkarten bin ich auf diesen Dali gestoßen und
habe die Karte im Unterricht verwendet. Dieses Zeitungsfoto als Vorspann
eines Artikels zeigt sehr schön (und kunstgeschichtlich recht abgeklärt...)
die Reflexionsweise von Dali: alle Gegenstände sind als sorgfältig
arrangierte Staffage an dünnen Fäden ins Bild hinein gehängt.
Dalis Ehefrau Gala ist nur als Bild auf der Staffelei zu sehen, als "Leda
Atomicus, 1948". Der ins Bild schräg hinein gehängte Stuhl
bedeutet wohl den ruhigen Standpunkt, was recht absurd ist, denn ein schräg
gehängter Stuhl kann keinen Standpunkt (Augenpunkt) bedeuten...
dies Bild zeigt seine
Ehefrau Gala als Jungfrau Maria, aber in bildnerische Teile zerlegt, 1949.
Ich habe dies Bild verwendet, um daran Dalis Gebrauch der Perspektive
zu zeigen (verschobene Fluchtpunkte). |
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Zum
Speichern von Bildern und Schablonen:
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Ich habe diese laminierte Bildkarte unter den Schülern herumgehen lassen.
(Anmerkung: wer über Dalis Bildsprache flüssig verfügt, kann ihn sicher zum Zuordnen verwenden, um einigermaßen eine "gepflegte" Bibliothek zu verwenden. Die sichere Präsentation seines überbordenden Werkes gelingt aber nicht richtig, weil Dali eine der relativ zeitlosen Sonderpersönlichkeiten war, deren Stilmittel auch in anderen Epochen zugeordnet werden können, was anderen geschichtlich heraus ragenden Persönlichkeiten ebenso zu eigen ist. Einen Gruß von dieser Stelle aus, lieber E.W. in M.) Lehrplanbezug:
Bay. Gym. Entwurf
2002: in die Betrachtungen mit einbezogen. Ausgehend von den bisher verwendeten Verfahren der wirklichkeitsgetreuen Abbildung wenden sich die Schüler nun ausdrucks- und mitteilungsorientierten Darstellungsweisen zu. Im Abwandeln und Verändern gegenständlicher Motive und im Spiel mit Bedeutungen sollen sie neue Möglichkeiten erproben, ihre persönliche Sicht der Wirklichkeit bildnerisch zu veranschaulichen (> W, MB). Gestalten, Thematik Techniken: bildnerische Aspekte: Ku 9.1 Bildnerische
Praxis Im Abwandeln und Verändern gegenständlicher Motive und im Spiel mit Bedeutungen erproben die Jugendlichen neue Möglichkeiten, ihre persönliche Sicht erlebter und fiktiver Wirklichkeit bildnerisch zu veranschaulichen. Neben dem bisher erscheinungsorientierten Abbildungsverfahren wenden sich die Schüler mehr ausdrucks- und mitteilungs-orientierten Darstellungstendenzen zu. Lebenslauf Salvador
Dali Dali, Salvador * 11.5.1904 in Figueras - 23.1.89 (Spanien)
Dali ist einer der äußerst umstrittenen Vertreter der modernen Kunst, dessen Ruf als Künstler von seiner berüchtigten Publicity-Sucht überschattet wird. Seine historische Bedeutung verdankt er seinen frühen surrealistischen Arbeiten: seine herausfordernden und verwirrenden Bilder zählten zu den erfolgreichsten und wirkungsvollsten der Bewegung. 1937 wurde er von Andre Breton wegen seines akademischen Malstils angegriffen und ausgeschlossen; in jüngster Zeit erregte er jedoch mit seiner bewußten Wahl religiöser Themen Anstoß, da er sie entgegen aller Konvention behandelte. Seine eigenen Schriften, die sehr zahlreich und größtenteils polemischer Natur sind, wurden oft herangezogen, um Dali der Unaufrichtigkeit, des Opportunismus und Größenwahns zu bezichtigen. Salvador
Dali wurde 1904 in Figueras als Sohn eines Notars geboren. Seine Eltern
ermutigten ihn nicht, Maler zu werden. 1921 begann er sein Studium an
der Kunstakademie in Madrid, wurde jedoch 1924 abgewiesen und wurde von
einem traditionsgebundenen Maler unterrichtet. Beeinflußt von Picasso und Gris, führte er einige kubistische Arbeiten aus; doch hatte er sich bis 1925 als Anhänger Vermeers weitgehend dem Realismus zugewandt. Das nähende Mädchen (Barcelona), das sich in der Sammlung des Modells, Dalis Schwester, befindet, ist eine der wenigen erhaltenen Arbeiten dieser vor-surrealistischen Periode; es gab auch viele Studien von dem Hafen und den Booten in Cadaquès, die oft als Hintergrund in Dalis Werken wieder auftauchen. Dalis erstes surrealistisches Bild dürfte Blut ist süßer als Honig von 1927 gewesen sein, das einen quälenden Traum wiedergibt. Dali hielt sich 1928
kurz in Paris auf und ließ sich 1929 dort nieder. In jenem Jahr
veranstaltete er auch seine erste Pariser Ausstellung, für die Breton
den Katalog schrieb. Dann begann eine vitale und produktive Periode; die
meisten seiner Werke waren herausfordernde und phantastische Kompositionen,
einschließlich solch ungewöhnlicher Anordnungen von Gegenständen
wie ein Blindes Pferd gebiert ein Telefon. Die Verwendung von Doppelbildern wie bei Arcimboldi und Bracelli ist als Weiterentwicklung der paranoisch-kritischen Methode Dalis eigene Erfindung: In Spanien von 1935-36 bilden Reiter im Stil Leonardos eine weibliche Figur, in den Impressionen von Afrika (London) von 1938-39 wird eine Landschaft und ein Gesicht dargestellt; im Endlosen Enigma von 1939 sind auch einige übergelagerte Bilder zu finden. Kein anderer Maler verwendete dieses Mittel so oft oder so wirksam. Bei anderen Elementen in Dalis Werken ist nicht so gewiß, ob es sich dabei um seine eigenen Ideen handelt; er wurde deshalb auch des Plagiats beschuldigt, was bisher jedoch weder bewiesen noch widerlegt wurde. Dali stand unter dem Einfluß der Frühwerke des von allen Surrealisten sehr bewunderten Giorgio de Chirico, insbesondere von dessen Verwendung der Perspektive; der Einfluß Picassos steht einwandfrei fest. Dalis Strandszenen in Rosas, die 1934-36 entstanden, wurden auch mit Bérards Bildern verglichen, die in ihrer geheimnisvollen Stimmung ähnlich sind. Neben der Malerei umfaßt Dalis Werk noch Illustrationen einiger Bücher, darunter 1934 der "Chant de Maldoror" von Lautréamont, dessen ungehemmte Bilder eine ständige Quelle der Inspiration für die Surrealisten darstellten, und 1958 "Don Quichotte". Eindrucksvoller waren
jedoch die Filme, an denen Dali zusammen mit Bunuel arbeitete: "Le
chien andalou" 1929 und "L'age d'or"; Dali hat eine Anzahl von Büchern geschrieben, auch mit einer höchst fiktiven Autobiographie im Jahre 1942. Gleich seinen grandiosen Plänen für ein Traumhaus bei der New Yorker Weltausstellung 1939 sind seine Schriften lebhaft übertrieben und vor allem auf Publikumswirkung bedacht. 1940 verließ Dali Europa und ging in die Vereinigten Staaten, wo er im folgenden Jahr den Beschluss öffentlich kundtat, von nun ab "klassisch zu werden". Das sichtbare Ergebnis war eine Reihe von modischen Porträts, wobei er sich früherer surrealistischer Hilfsmittel der Doppelbilder bediente. Dali hatte anscheinend seine Jugend überwunden; dieser Eindruck wird noch durch den Beginn einer neuen Serie religiöser Bilder bestärkt. Auf seinen Christus des hl. Johannes vom Kreuz (Glasgow) von 1951 folgte 1954 eine Kreuzigung (New York). Von dieser Zeit an erlangten Dalis Bilder offizielle Anerkennung; so beauftragte ihn Chester Dale mit der Ausführung des Abendmahls für die National Gallery of Art in Washington. Dali selbst schrieb seine Gesinnungsänderung dem Einfluß seiner Frau Gala zu, die vorher mit Eluard verheiratet war; er behauptete, daß sie ihn vor dem Wahnsinn gerettet und das Leben lieben gelehrt hätte - sein Roman "Hidden Faces" von 1944 ist übrigens eine Verteidigung dieser normalen Liebe. Er malte einige ausgezeichnete Porträts seiner Frau; sie saß ihm auch Modell für die Madonna in Assumpta Corpuscularia Lapislazulina (New York) und für den Christus im Abendmahl (Washington). Dali kehrte wieder nach Spanien zurück und malte dort, wieder mit Doppelbildern, Crane de Zurburan, 1956-57, und Santiago el Grande (Fredericton) von 1957. Das Umfeld: Dadaismus Surrealismus Magritte, René (21.11.1898 bis 15.8.1967), belgischer Maler des Surrealismus; teils impressionistische Stilmittel; Karneval der Weisen; Reich d. Lichter. Ernst Max (2.4.1891-1.4.1976), deutscher surrealistischer Maler und Plastiker; nach 1921 in Frankreich und USA lebend, Darstellung des Unbewußten; Collage-Romane. Tanguy Yves (5.1.1900-15.1.55), franz. surrealistischer Maler. Miró, Joan (20.4.1893-25.12.1983), span. surrealistischer Maler, Graphiker und Plastiker; beeinflusste imaginäre Bildwelt. Dalí, Salvador , span. Maler, Surrealist; bekannt durch seine von der Psychoanalyse beeinflußten "Traumbilder"; Zerrinnende Zeit; Brennende Giraffe; Buchillustrationen. Phantastische Malerei
Der Surrealismus stand
unter dem Eindruck der Freud' schen Psychoanalyse. André Breton, der Theoretiker des modernen Surrealismus, hatte 1924 erklärt: "Das Wunderbare ist immer schön, ganz gleich welches Wunderbare, es ist sogar nur das Wunderbare schön." Mit dem Surrealismus
war dem Realismus des Impressionismus zum erstenmal Jenes Überwirkliche,
das in den Formulierungen des modernen Surrealismus mit Angst, Ekel, Alptraum,
Rausch, Schock und Perversion verbunden erscheint, ist auch integriert
wirksam in vielen Werken alter Kunst. Es läßt sich sogar sagen,
daß dieses Überwirkliche das eigentliche Ziel der Kunst ist.
Paul Klees Wort: "Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern
macht sichtbar" ist anwendbar auf fast alle religiöse Kunst.
Denn Abbildung der Natur ist erst das moderne Ziel einer säkularisierten
Kunst. Sieht man von den schwer deutbaren frühen Jagdzauber-Höhlenbildern
ab, dann scheint das Ziel aller Kunst das Transzendente, die Sichtbarmachung
überwirklicher Kräfte zu sein: Die Kunst als Bildnis und Gleichnis
des Göttlichen, nicht als Abbild des Realen. |
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Reinhard
von Tümpling, Januar 2005
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