Medien-Begriffe.
Defintionsversuche von Georg Peez und Johannes Kirschenmann
Medien
Vier Unterscheidungen differenzieren den plural verwendeten
Medienbegriff mit sich z.T. überschneidenden Bedeutungen:
-
(1) Unter ‹Medien› kann man Geräte und Techniken von
und für Kommunikation verstehen. Die Kamera, der Computer und auch
das Telefon sind solche Medien. Holzschnitt, Kupferstich und Bronzeguss
sind z.B. veritable Medien der Kunst.
-
(2) Medien können zudem als Systeme von Zeichen, Symbolen
und symbolischen Ordnungen verstanden werden. Die Schrift mit ihren semantischen,
syntaktischen und grammatikalischen Anteilen ist ein solches Kommunikationsmedium,
ebenso wie Bilder, Filme oder Installationen.
-
(3) Als Medien werden Medienangebote bezeichnet, also die
Resultate der Verwendung von Kommunikationsmitteln, z.B. Texte, Videoclips
oder Fernsehsendungen.
-
(4) Desweiteren können Organisationen, die zur Entwicklung
und Verbreitung von Medienangeboten erforderlich sind, als Medien benannt
werden. Eine Rundfunkanstalt oder ein Internetprovider wären Medien
in diesem Sinne.
Der Terminus ‹Medienverbund› verweist darauf, dass es zudem
keine isolierten Einzelmedien mehr gibt. Weil alle Medien (z.B. die Töne
oder das auf Papier gezeichnete Bild) heute digitalisierbar sind, können
alle Daten im selben Speicher (z.B. auf der Festplatte eines Computers
oder auf CD-ROM) abgelegt werden. Zunehmend mehr Weltaspekte liegen in
einer Digitalversion vor.
Multimedia – auch eine pädagogische Herausforderung
«Multimedia» umfasst aus technischer Sicht
jede Hard- und Software, die verschiedene Medien (vgl. die Darstellung
des Medien-Begriffs) in einer interaktiven Computeranwendung verknüpft.
«Multimedia» bezeichnet also die immer komplexer werdende digitale
Integration von Text, Bild und Ton sowie die Vernetzung zwischen den traditionellen
Medien, wie Fernsehen, Video, Telefon, Brief, Fax, Radio oder Zeitung.
Ein einigermaßen vollständig für die Nutzung von Internet
und Online-Diensten ausgestattetes Endgerät ist heute die Kombination
aus Computer, CD-Player, Telefon, Faxgerät, Fernsehen und Radio. Die
Entwicklung läuft auf eine weitgehende Verschmelzung der einst getrennten
Medien hinaus.
Betrachtet man die Nutzerseite, dann geht es bei Multimedia
vorwiegend um computergestützte Anwendungen, die unterschiedliche
Informationen, oft als digitalisierte Daten wie Texte, Grafiken, Standbilder,
bewegte Bilder und Ton integrieren. Markantes Kennzeichen von Multimedia
sind die Möglichkeiten der individuellen interaktiven Einzelplatznutzung
und die Einflussnahme auf Abläufe in medialen - lokalen oder globalen
- Systemen (Stang 1998, S. 43).
Charakteristika des Multimedia-Einsatzes aus pädagogischer
Sicht sind also
-
weitgehende Unabhängigkeit von zeitlichen und
räumlichen Begrenzungen für Kommunikation;
-
global mögliche Vernetzung von Klassenzimmern;
-
Kommunikation, die Text, Bild und Ton verbindet;
-
Verminderung von Warte- und Reisezeiten;
-
vermehrte Optionen zu außerschulischer Bildung;
-
Berücksichtigung verschiedener Lerntypen;
-
individuelle Bestimmung des Lerntempos und des Lernniveaus
durch die Lernenden;
-
Lernen der Lernenden voneinander;
-
wiederholbare (Selbst-)Tests sowie
-
individuelle Steuerung der Wiederholung von Aufgaben
und Informationen.
Nachteile, die sich ergeben, sind häufig inhaltliche
und technische Qualitätsmängel, sowohl bei der Lernsoftware als
auch der Hardware, hohe Produktionskosten, zunehmende Modularisierung und
damit Zersplitterung der Lerninhalte (Hasebrook 1998, S. 23) sowie sehr
eingeschränkte Flexibilität außerhalb der Möglichkeiten,
die die Software bietet. Multimediale Gestaltungen sind digital und lassen
die haptischen und materialbezogenen Aspekte weitgehend unberücksichtigt.
Interaktivität
'Interaktivität' als zentrales Schlagwort der Multimedia-Diskussion
bezeichnet die angepassten und differenzierten Reaktionen eines digitalen
Systems auf Handlungen seiner Benutzerinnen und Benutzer. Digitale Medienkunst
gilt dann als interaktiv, wenn Rezipienten aktiv gestaltend in die künstlerischen
Prozesse eingreifen können (Weibel 1989, S. 77). Im Lernsoftwarebereich
wird das jeweilige Maß an Interaktivität häufig als ein
Qualitätskriterium angesehen.
Interaktivität bündelt sehr disparate Aspekte.
In ihr sind u. a. Optionen des Handelns ('Aktivität') sowie Aspekte
der sozialen Kommunikation ('Interaktion') miteinander verbunden. Das Präfix
'inter' - u. a. auch in 'Internet', 'Interface' und 'intermedial' - verweist
darauf, dass es um die Differenzqualitäten des 'Dazwischen' geht,
um dynamisch angelegte Transformations- und Kommunikationsprozesse (Spielmann
1996; Seitz 1996).
Umstritten ist, ob man mit einem Computer bzw. dessen
Software rückbezüglich kommunizieren kann. Zwei konträre
Auffassungen stehen sich hierzu gegenüber.
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(1) Programme, die mehr oder weniger festgelegt auf einen
Mausklick oder eine Bildschirmberührung der Benutzerinnen und Benutzer
reagieren, bieten nicht das Merkmal eines gegenseitigen Austauschs, bei
dem sich Mensch wie Computer in einer unvorhersehbaren Weise verändern.
Diese Form des freien Austauschs würde aber erst das Prädikat
'interaktiv' tragen können (Glaser u. a. 1997, S. 79).
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(2) 'Interaktivität' nicht mit 'Interaktion' verwechselnd
markiert die gegensätzliche Auffassung, dass bei vielen Multimediaangeboten
das Ende des passiven Medienkonsums durchaus erreicht sei. 'Interaktiv'
charakterisiert hier die Möglichkeit, dass Menschen mit dem Computer
bzw. seinen Programmen einen nur bedingt steuerbaren Austausch führen.
Die interaktive Nutzung, z. B. einer CD-ROM zur Kunstvermittlung,
gibt einem weniger das Gefühl, mit einer Person zu interagieren bzw.
in einen Dialog zu treten, sondern interaktive Medien fordern vielmehr
zur Exploration eines Datenraums auf, der von Menschen, Programmierern
und Designern (Zacharias 1997, S. 9) entworfen wurde.
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